Forschergemeinschaft Ny Alesund im Herbst

Nachdem ich 2018 schon ein Semester in der Arktis studiert habe, bot sich diesen Herbst durch eine Messkampagne meines Instituts die Möglichkeit, noch einmal ein paar Wochen auf Svalbard zu verbringen. HIER hab ich euch schon einmal mitgenommen, in das kleine Forscherdorf Ny Alesund. Begleitet mich dieses mal gerne wieder.

Starten wir am ersten Haus, was man zu sehen bekommt: Dem Rezeptionsgebäude. Hier hin fährt der Kleinbus, der einen auf dem Flugfeld von der 14 sitzigen Dornier-Propellermaschine abholt. Hier ist der Mittelpunkt des Dorfes: Zu den drei Mahlzeiten am Tag kommen zu Fuß, per Fahrrad, Pickup oder Radlader die Teammitglieder der Forschungsstationen, Logistiker, Küchencrew und alle andren, die zum Betrieb eines kleinen Dorfes nötig sind, im Speisesaal zusammen. Hier wird abends gefeiert, und auf dem Sofa zusammen gesessen.

Speisesaal, Flughafen Check in, Bar, Chillout lounge, Wäscherei, Vermietung. All das ist dieses Gebäude

Das Dorf besteht im Kern aus der Firma Kings Bay, die aus einer alten Minenfirma hervorgegangen ist, und nun die Logistik für alle Forschungsstationen und das ganze Dorf betreibt, sowie aus den Forschungsstationen verschiedener Länder, die in den historischen Gebäuden des Dorfes untergebracht sind, oder auch ein paar Neubauten errichtet haben.

Links die Svedrup-Station des norwegischen Polarinstitutes, das legendäre blaue Haus in der Mitte ist das Herzstück der Deutsch/französischen AWIPEV Station, die unser Gastgeber war. Rechts hinter der Fahnenstange ist die frühere Krankenbaracke der Minen, die jetzt ein Gästequartier für kurzzeitige Besucher darstellt.

Diese Gemeinschaft von Forschern und Technikern und Logistikern, die sich der Arbeit in der rauen und nicht ungefährlichen Landschaft auf 79° nördlicher Breite verschrieben haben, macht es – gerade in diesen durch Corona etwas anstrengenden Zeiten immer wieder schön, hier her zu kommen: Auch wenn jede und jeder vor Ort eine andre Rolle hat, die Arktis aus andren Augen sieht, die durch Arbeit und Hobbys geprägt sind, teilen alle die Begeisterung für diese Landschaft und die Neugierde, gemeinsam mehr darüber zu lernen. Von Mikrobiologie über Gravimetrie ( Messungen, die mit Schwerkraft zu tun haben) von Ozeanographie bis hin zu Raketen-Kampagnen, bei denen Messgeräte zu den Polarlichtern geschickt werden, habe ich über ganz verschiedene Themen der Wissenschaft ein bisschen was dazu lernen können in diesen Wochen. Durch Gespräche am Tisch, durch Vorträge, in denen Gruppen ihre aktuellen Projekte vorstellen und vieles mehr. Und auch Handwerker, Ingenieure, Köche und andre, die mit anpacken, teilen hier oben die Neugierde und Begeisterung. Und auch von ihren Erfahrungen und Erlebnissen kann ich noch was mitnehmen. Man kommt in eine Gemeinschaft, die in ihrer Internationalität und Weltoffenheit gleichzeitig durch ihre gemeinsame Begeisterung für die Arktis und die Forschung in dieser abgelegenen Lage wieder sehr exklusiv ist und sehr große Schnittmengen und gemeinsame Interessen hat. Forschung funktioniert nur im Team. Und auch über die Grenzen eines Bereiches hinaus funktioniert dieses Team: Das ganze Dorf zieht an einem Strang und bildet eine Gemeinschaft. Eine sehr verrückte Gemeinschaft, in der es nicht unüblich ist, dass 7 erwachsene Männer mit großer Begeisterung einen Heliumballon mit einem Elektroauto spazieren fahren, wie Fieke, die Stationsingenieurin, die für die Beobachtungen und Messungen der AWIPEV-Station verantwortlich ist, wunderbar beobachtet. Und ja, das sind unsre Leute, die sie da porträtiert hat. Schaut mal bei ihr vorbei: www.arcticreporter.com

Was haben wir nun da oben getrieben mit dem großen Ballon? BELUGA war das weithin sichtbare Zeichen, das die verrückten Ballon-Leute aus Deutschland wieder am messen sind: ein großer Helium-Fesselballon, der verschiedene Messgeräte vom Boden bis in eine Höhe von 1500m bringen kann. Hier ists auf der Uniwebseite beschrieben, was wir damit vor haben. Die Arktis spielt eine entscheidende Rolle bei der Erwärmung der Erde. Diese Rolle besser zu verstehen, ist übergeordnetes Ziel unseres Forschungsprojektes und vieler anderer Messreihen zu Land zu Wasser und in der Luft, die damit verknüpft sind.

Forschung in Ny Alesund ist nicht immer einfach. Manche Schwierigkeiten beginnen schon in kleinen Details. Alle Leute im Dorf, die einem entgegen kommen, laufen mit Funkgeräten rum. Kann man die nicht einfach auf dem Handy anrufen? Nein: In Ny Alesund ist zum Schutz der sensiblen Messungen der Frequenzbereich für die Nutzung verboten, in dem Handynetz, WLAN, Bluetooth, Fernsteuerungsautos usw. liegen. Das führt dann zu so spannenden Konstruktionen wie Smartphones am LAN-Kabel ( glücklicherweise gibts dort LANkabel in jedem Raum in ausreichender Menge. ) Das führt aber auch dazu, dass WLAN und Co. bei der Konzeption der Messinstrumente und der Kommunikation mit den Instrumenten in der Luft ausgeschlossen sind. Neben den Wetterbedingungen ist das eine zusätzliche Herausforderung, die einen zum umdenken zwingt, wenn man den Komfort der „Zivilisation“ gewöhnt ist. Zu unserer eigenen Arbeit erzähle ich euch ggf. im Frühjahr noch mehr, seid gespannt.

Zu guter letzt lade ich euch noch auf einen Streifzug durch den historischen Ort ein, der in seinen Bauten von einer Geschichte als Kohleminen-Siedlung und Forschungsbasis erzählt.

Sommereise II: Faltboot und Spreewald

Eine alte RZ 85, Zelt und Paddelkarte, das sind die nötigen Zutaten für die Erkundung des Spreewaldes gewesen. Eigentlich Mecklenburg anvisiert, haben wir spontan aufgrund der Wettervorhersage umentschieden. Ob sich das gelohnt hat?

Der Spreewald ist auf jeden Fall ein wunderschönes Gebiet zum paddeln. Leider ist die Dichte der Zeltplätze, auf die Wasserwanderer im Naturschutzgebiet nun mal angewiesen sind, nicht allzu hoch und auch einige der als „Kanurastplatz“ kartierten Plätze existieren gar nicht mehr. Dennoch war es in knapp vier Tagen auf dem Wasser gut möglich, einen großen Teil des Spreewalds kennen zu lernen. Die meisten Gewässer haben nur sehr wenig Strömung, Höhenunterschiede können mit Selbstbedienungs-Schleusen überbrückt werden.

DIe kleinen Ortschaften sind komplett um die Kanäle und Nebenarme der Spree angelegt, jedes Haus besitzt einen Wasserzugang mit Anlegestelle für die großen Spreewaldkähne. Inzwischen sind aber auch alle Ortschaften ans Straßennetz angeschlossen.

Thüringer Schiefergebirge

Bevor es noch mehr Herbst- und Winterbilder aus Leipzig und eine Nachlese des Sommers gibt, möchte ich euch erst mal in den Thüringer Wald entführen. da der Besuch nicht als Phototour geplant war, war ich nur mit zwei kurzen Festbrennweiten unterwegs, ein paar schöne Bilder möchte ich euch trotzdem nicht vorenthalten.

Hofbesitzer

Nach langem technischen Kampf mit meiner Webseite hier ein paar Bilder aus dem Sommer. Viel Spaß und freut euch auf mehr!

Dieser Hof ist mir im letzten Jahr zu einer Art zweiter Heimat geworden: eine junge Familie, die ich gut kenne will den weiter ausbauen und beleben. Dieser Ort und seine Umgebung werden in Zukunft öfter Motiv meiner Beiträge sein.

Wohnt hier der Weihnachtsmann?

Etwas komische Beleuchtung habe ich bei uns im Tal entdeckt. Ein Briefkasten steht auch dabei:

Ich glaub, wir haben einen neuen Nachbarn bekommen „Nissen“ sind in Wichtel in Skandinavischen Erzählungen. Eng verwandt beispielsweise mit „Tomte Tummetott“ von Astrid Lindgren oder dem Klabautermann in der deutschen Sagenwelt. Der  „Julenissen“, also Weihnachtswichtel ist das hier übliche Pendant zum Weihnachtsmann.

Wenn man durch die Dunkelheit zur Uni läuft, klingt aber eher die Winterreise von Schubert, als lustige Weihnachtslieder im Ohr. Tiefer Schnee gepaart mit der ein oder anderen Sturmböe, die am Haus rüttelt, und dem einsamen Fußgänger erst die Sicht und dann auch den sicheren Stand raubt, machte die letzten Tage recht ungemütlich und jeden Weg zum Kraftakt. Leider waren meine Versuche, Schneeteufel und andere Verwirbelungen, wie sie entstehen, wenn Sturm und Pulverschnee aufeinandertreffen, abzubilden noch nicht so ganz erfolgreich. Wenn der Wind in nächsten Tagen noch mal zunimmt, versuche ich es noch mal.

 

Relikte der Kohleförderung

 

Etwas düstere Bilder habe ich vom zweiten Tag unserer Wandertour. Eine knappe Fußstunde von der Hütte entfernt, fanden wir die alte Siedlung Colesbukta vor, ehemals Verladestation und Unterkunft für die Minen im benachbarten Grumant. Eine Feldbahn stellte früher die Verbindung dar.

Wenn euch die Geographie interessiert, schaut mal auf diese Webseite: https://toposvalbard.npolar.no/ 

Die Ruinen wurden von verschiedenen Tieren zurückerobert: Meerstrandläufer sitzen in Scharen am Kiesstrand und stärken sich nach der Brut und Aufzucht für den Flug nach Süden.

Meerstrandläufer oder Fjæreplytt

Seltener zu besuch sind durchziehende Kanadagänse.

Wildgänse rauschen durch die Nacht…

 

Am alten Hafen

 

 

Wohnhaus der Grubenleitung

 

Im Backhaus

Kohlebergbau auf Svalbard war unter russischer Federführung ein lukratives Geschäft, doch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sanken die Erträge und der Aufwand rentierte sich nicht mehr. Heute wird noch Kohle abgebaut für den Eigenbedarf der Siedlungen, was aufwändigen Import von Brennstoffen vermeidet. Die Russischen Siedlungen und Bergwerke werden vor allem aus geopolitschen Gründen weiterbetrieben. Sollten sich wertvolle Rohstoffe auf der Insel unter norwegischer Flagge finden, so haben die russischen Firmen noch immer den Fuß in der Tür.

Auch militär-strategisch ist der Ort von nicht geringer Bedeutung. Im zweiten Weltkrieg befanden sich hier stark umkämpfte Stellungen der deutschen Wehrmacht: Spitzbergen bietet mit vergleichsweise warmem Klima und guter Infrastruktur für jeden, der Interessen in den Polargebieten hat, einen guten Ausgangspunkt. Auch für das (See-)Wetter unserer Breiten sind Informationen aus dem Gebiet Svalbards nicht zu verachten.

Sportliche Ertüchtigung

Nach all den zerstörerischen Eindrücken wenden wir uns mal lieber unserem Nachtquartier zu.

Unser Nachtquartier

Die Hütte am Kap Laila – übrigens ebenfalls von Russen erbaut und gepflegt – steht direkt auf den Klippen am Ufer und bietet so eine tolle Aussicht auf den sehr lange andauernden Sonnenuntergang. Zu dieser Zeit um die Tag-Nacht-Gleiche nähert sich die Sonne in einem Winkel von ungefähr 10 Grad dem Horizont.

Wer möchte ein Salzeis?

 

Der flammende Tag ist so langsam verglüht

Lebenswichtig: eine Wasserquelle nahe der Hütte

[Anmerkung: Normalerweise ist es gute Sitte, bei Urbex-Photos den Ort nicht zu verraten, um Vandalismus vorzubeugen. Ich sehe bei den Bildern auf Svalbard davon ab, da es einem Touristen nicht möglich ist, die Orte ohne geführte Tour aufzusuchen, und alle, die diese Möglichkeiten haben, um diese Orte wissen.]

Menschliche Spuren

Wie lang liegt der wohl hier?

Der heutige Beitrag hat einen etwas anderen Inhalt. Beim Spazierengehen fällt hier viel Müll und Ruinen auf.  Das sind zum einen alte Sachen, da alle Bauten, die älter sind als 1946, rechtlich geschützt sind, was besonders Kohleminen, deren Infrastruktur und alte Jagdhütten betrifft, zum anderen findet sich aber auch viel frischer Müll in den Geröllflächen. Kaffeebecher Turnschuhe, Kanister, Schrott usw.  Selbst so entlegene Regionen sind bereits vermüllt.

Mineneingang oder Hütte – oder irgendwas dazwischen.

Den Gedanken noch etwas weiter gesponnen: Asphaltstraßen und Gebäude wirken vor dieser Landschaft einfach deplaziert. Bis in den letzten Winkel reißt der Mensch sich unter den Nagel, was die Natur über Jahrmillionen geschaffen hat.

Na gut, seien wir ehrlich: was ist in Longyearbyen heutzutage los: Die Haupteinnahmequelle ist inzwischen der Tourismus, der Kohlebergbau dient nur noch der Energieversorgung auf der Insel selbst. Und dann sind da noch Forscher und Studenten.

Ich genieße diese Landschaft. Es ist ein gewaltiges Privileg, hier leben und an einer so forschungsnahen Uni lernen zu können.  Wenn ich dann sehe, wie alle paar Tage ein Kreuzfahrer bis zu 5000 Touristen ausspuckt, die durch den Ort trampeln, mit Bussen (!) die 3km zum Parkplatz vor unserem Wohnheim hochgefahren werden, um dann eine kurze Wanderung zum Gletscher zu machen, frage ich mich, ob denen eigentlich bewusst ist, was sie da tun: Hunderte bis tausende Kilometer sind sie gereist, um einen halben Tag an diesem Ort zu verbringen. Wenig Zeit, um den Besonderheiten in Landschaft und Historie nachzuspüren, aber viel Zeit, um Kaffeebecher zu hinterlassen, Zigarettenkippen und Getränkedosen, die kurz zuvor zollfrei eingekauft wurden.

Dies ist der beste Weg, um die magische Welt unter der Mitternachtssonne zu zerstören.

Klar, mein eigener Flug hierher war auch nicht gut fürs Klima, aber ich bin hergeflogen in dem Wissen, Zeit zu haben, diese Landschaft zu erleben, den Wechsel von Tageszeiten, Wetter und Jahreszeiten….

Stillleben mit Kohle

Diese Bilder zeigen alle Spuren menschlichen Handelns in der Landschaft. Relikte des Kohlebergbaus, der zu unserer Energiegewinnung dient, achtlos Weggeworfenes oder Liegengelassenes.  Gerade das weggeworfene frustriert mich immer wieder. Meist komme ich mit einem Beutel voll Müll von Spaziergängen zurück, aber das ist weniger Müll, als in der gleichen Zeit dazukommt.

 

Willkommen in Longyearbyen!

Nach ein paar Tagen auf Spitzbergen, der Hauptinsel der Inselgruppe namens Svalbard, hatten wir schon das Glück, ein paar Sonnenstrahlen zu sehen. Somit kann ich euch erste Bilder der alten Bergbausiedlung, aus der die Bezirkshauptstadt Longyearbyen hervorging, und der Landschaft auf 78° nördlicher Breite zeigen:

Alte Kohlemine

 

Die Kirche von Longyearbyen vor dem Longyearbreen.

Nach einer Periode des Walfangs um 1700 war Spitzbergen einige Zeit lang nur von vereinzelten Pelzjägern bewohnt, sehr empfehlen kann ich dazu die Literatur von Christiane Ritters Reiseaufzeichnungen „Eine Frau erlebt die Polarnacht“, die von einer Überwinterung mit Jägern 1934 berichtet. Seit dem 19. Jahrhundert wird in Spitzbergen Kohlebergbau betrieben, von norwegischen, zeitweise amerikanischen und russischen Firmen.

Wohin soll die Reise gehn?

Spätestens seit Amundsen ist Spitzbergen Ausgangspunkt und Ziel vieler Polarexpeditionen. Letzte Rast vor dem Nordpol und geeigneter Ausgangspunkt für meteorologische, geologische und viele weitere Forschungsreisen und Projekte. Viele Europäische Länder betreiben hier Forschungsstationen. Ich werde euch beizeiten die deutsche Station in Ny Alesund vorstellen.

Ich genieße den Aufenthalt in der schroffen aber doch sehr verletzlichen Landschaft. Auf den Geröllflächen wächst maximal etwas Moos, Gräser und knöchelhohe Blumen. Doch das reicht, um ein paar Vogelarten und eine Population kleiner Rentiere zu ernähren.

Spuren menschlichen Handelns bleiben im kalten Klima lange erhalten. Zwischen Resten alter Minenschächte und Hütten finden sich leider auch immer mehr Kaffee-Becher, Plastiktüten und ähnliche Rückstände. Trittschäden im Moos bleiben zum Teil sehr lang sichtbar.

 

Seeschwalbe schimpft.

Mitternachtssonne überm Isfjorden

An der Parthe

Ein kleiner Spaziergang durch meinen Stadtteil in Leipzig:

Fünf Fußminuten von meiner Wohnung entfernt beginnt die wilde Natur: Die Flußauen der Parthe führen von meinem Viertel am Stadtrand bis in die Innenstadt.

 

 

Nicht künstlich als Erholungsgebiet geschaffen, sondern selbst so gewachsen birgt der Fluß Heimat für viele Tiere.#

Zwischen Auen und Feldern kreist er majestätisch: der Rote Milan, ein vom Aussterben bedrohter Raubvogel.