So: Szenenwechsel, 24h nach den Bildern des letzten Posts:
Die „Lovis“ im Stadthafen von Oslo
Das ging echt ein bisschen sehr schnell. Gerade noch im Fußgängertempo in den Bergen, nun schon auf Meeresspiegelhöhe auf dem Segelschiff. Irgendwie unwirklich im Kontrast, die Geschwindigkeit des Szenenwechsels, wo der Rest der Zeit zu Fuß oder unter Segeln eher von langsamer Fahrt geprägt war.
Doch bevor es ins Skagerak geht, bleibt noch etwas Zeit, Oslo zu erkunden.
Augen auf und auf Nachhaltigkeit achten, war unser Auftrag in Oslo. Aber erst nachdem wir diese hell erleuchtete Innenstadt bewunderten.
Oslo ist sehr Fahrradfreundlich. Große Radwege, gute Ampelschaltungen animieren viele zum Radfahren, die sogar meist mit Helm unterwegs sind.
Doch nun setzen wir Segel und fahren den Oslofjord hinaus.
Nachdem wir vom Schlafsack aus den wolkenverhangenen Sonnenaufgang für nicht würdig hielten, uns aus den Federn und zum Stativ zu jagen, brachen wir spät dann auf.
Bis Mittags hielt sich eine dichte Wolkenschicht.
Am frühen Nachmittag erreichen wir dann den Gipfel und zum Lohn schält sich eine Gletscherzunge aus dem Dunst:
Steinhaufen markieren den Kamm bis zum Gipfel.
Willkommene Einladung zur Pause: Frisches Quellwasser, eiskalt und wunderbar erfrischend.
Unwesendlich ändert sich die Aussicht über die Stunden.
Ein Wagnis bleibt der Abstieg: Was man in Norwegen als Wanderweg in die Landkarte zeichnet sind z.T. nicht mehr als ein paar Markierungen im steilen Geröllfeld. Mehrfach verlören wir beim Weg zur Hütte den markierten Pfad. Die Warnung m Ohr, ein Abstieg querfeldein wäre lebensgefährlich, stiegen wir stets wieder auf, bis sich wieder Markierungen fanden. Immerhin: Inzwischen gab es wieder Blaubeeren zwischen dem Heidekraut, eine willkommene Ergänzung unserer inzwischen sehr raren Nahrungsration (noch ein Müsliriegel und ein Stück Schokolade hatten wir übrig – zusammen.)
Doch, als wir kurz vor Sonnenuntergang zum letzten Mal den Weg verloren hatten, stiegen wir die letzten 300m direkt im Geröllfeld des Gletschers und dem benachbarten Birkenwald ab, verlaufen kann man sich da schließlich nicht mehr.
Endlich: Im letzten Abendlicht findet sich hier der Abstieg.
Schlussendlich: Ich freue mich sehr und danke Gott und meinen Begleitern dafür, die Speicherkarte, nebst daranhängender Kamera und diese schleppendem Besitzer heil wieder nach unten gebracht zu haben, und euch so diese wunderbare Landschaft präsentieren zu können.
In kleiner Runde sind wir zu einer zweitägigen Wanderung aufgebrochen. Schwer bepackt mit Kameras, Essen und Schlafsäcken kämpften wir vier uns aus dem Tal auf den Gipfelkamm.
Fahrtenlieder wie das hier zitierte beschreiben die Stimmung am besten. Die Freiheit, die es bedeutet nur auf sich angewiesen zu sein, nur seine Schuhe zur Fortbewegung zu haben und nichts als den Himmel über sich.
aufwärts zu den klaren…
Oft geisterten diese Lieder bei meinen Eltern durchs Haus. Lieder der Pfadfinder, der Bündischen Jugend und der Wandervogelbewegung.
Jetzt singe ich sie erst Recht aus voller Kehle.
Gipfeln der Einsamkeit!
Eine Grundstimmung, die ich nicht mehr missen mag umgibt solche Wanderungen. Zwischen Abenteuerlust, die Welt zu erobern, einer gehörigen Portion Freiheit, räumlichem Abstand zur städtischen Welt, inhaltlicher Distanzierung von einer Welt, in der alles immer schneller, effizienter gehen muss, die auf Maximierung und Konsum ausgelegt ist, und zu guter letzt Bewunderung der Natur, ein Respekt vor der gewaltigen Größe der Schöpfung, in der wir Menschen klein und unwichtig werden, und die wir im urbanen Raum doch zu bewzwingen suchen und einengen, wo es uns möglich ist.
Lauschen, woher der Sturmwind braust,
Klar ist auf solcher Fahrt auch unser Ziel höher, weiter zu kommen, doch dies erreicht man nicht mit Konfrontationskurs gegenüber der Natur. letztendlich entscheiden nicht wir , sondern der Berg, wo die Grenze ist, wir müssen uns auf das einlassen, was die Natur bringt.
Schauen, was hinter den Bergen haust,
Diese Landschaft ist mit das unwirtlichste Beispiel das ich bringen kann, aber auch diese besitzt eine wunderbare Ästhetik.
und wie die Welt so weit,und wie die Welt so weit.
Mit diesem Ausblick in seinen Schlafsack krabbeln, singen, diskutieren, die erträumte Freiheit einfach leben.
Das ist es, wieso ich solche Reisen mache, als Teilnehmer oder Leiter. Begeisterung wecken – und begeistert werden. Nur so – denke ich kann man Jugendlichen klar machen, dass diese Natur geschützt werden muss. Auch dieser Ort ist – wenn auch noch nicht akut – bedroht: Auch den Gletscher, dessen Wasserhaushalt die Lebensader der Region ist, verändert die Klimaerwärmung. Klar: es gab auch schon wärmere Zeiten, auch kältere, der Gletscher wandelt sich auch über Jahrtausende. Aber: So schnell wie heute hat sich das Klima noch nie verändert.
Wenn man genau schaut, sieht man auf jedem Bild, das der Mensch in die Landschaft eingreift. Fast nirgends findet sich diese noch wirklich urtümlich.
Unsere Hütte lag am Jostedalsbreen, dem größten Festlandsgletscher in Europa. Eine der Gletscherzungen, die sich in einen See mündend ins Tal windet, ist der Nigardsbreen. Hier konnten wir mit Steigeisen und Eispickel den gewaltigen Süßwasserspeicher aus der Nähe betrachten:
Ein See, aus dem Schmelzwasser des Gletschermauls gespeist.Deutlich wird hier: der Gletscher schrumpft. Schon immer oszillierte die Stärke des Eisschildes. Aber nie so schnell, wie heute.
…wollen wir ziehen, zu den Bergen und den Seen. / Wollen neues Land erleben, woll’n auf Fahrten gehen.
Lieder wie dies auf den Lippen zogen wir vor fast einem Monat in einem kleinen Treck von Kleinbussen mit fast 30 Jugendlichen nach Norwegen.
Nach langer Reise, danach noch einer zweiten Fahrt, meinem Abschied und Umzug von Koppelsberg hab ich mich jetzt endlich daran gemacht, die Bilder zu sortieren, die auf dieser Fahrt entstanden sind. Ein erster Vorgeschmack nun hier: