Tromsø im Oktober

Ich möchte euch einladen auf einen kleinen Stadtbummel durchs herbstliche Tromsø. Mit der Altstadt auf einer kleinen Fjordinsel gelegen blinken eigentlich überall zwischen den Häusern Wasserflächen oder schneebedeckte Berge der benachbarten Inseln und Fjorde hervor. So wie in Oslo die Mischung von alten Gebäuden und modernen Straßenzügen die Stadt prägt, ist es in Tromsø der Wechsel zwischen historischen Holzhäusern und dem spröden Charme eines Industriehafens. Eine Mischung, die stellvertretend ist für Tromsø, eine Stadt die als Sprungbrett zum Polarmeer für Polarforschung, Pelzjagd und Fischfang ihre Wurzeln in Handel und Forschung hat. So ist auch das Polarinstitut und die nördlichste Universität in Tromsø angesiedelt.

Zur Universität gehört ein kleiner botanischer Garten, der Arten der Polarregionen und Gebirge aus der ganzen Welt beherrbergt. Außerhalb der Vegtationsperiode empfiehlt sich dann eher ein abendlicher Ausflug auf die umliegenden Berge, um Polarlichter zu bewundern.

Verlassen wir über die Große Brücke nun einmal die INsel Tromsoya mit der Innenstadt und werfen einen Blick auf die Arktische Kathedrale auf der andren Fjordseite.

Und mit einem letzten Bild der arktischen Kathedrale möchte ich mich verabschieden für heute:

Schön, dass ihr mich auf den kleinen Stadtrundgag begleitet habt. Freut euch in Bälde auf Tromsø im März!

Aurora-Observatorium

Einen Ausflug mit der Uni will ich euch heut zeigen.

Ziel war das „Kjell Henriksen Observatory„. Ein Observatorium, das Platz für diverse passive Messungen im Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts bietet.

Blick aus einer der Kuppeln auf die 10km entfernte Stadt und das EISCAT-Radar.

dunkel gestrichene Räume mit Glaskuppeln beherbergen je ein Instrument. Im Weitesten Sinne sind die meisten Instrumente Kameras: In verschiedenster Weise messen sie Lichtintensität, meist nach Wellenlängen unterschieden. Instrumente die es möglich machen, eintreffendes Licht nach Farben aufzufächern und zu analysieren nennt man Spektrometer. Davon sind hier unter den Kuppeln einige zu finden. Auch ganz normale Kameras, wie diese hier, die mich stets mit dem aktuellen Stand der Aurora versorgt, noch ehe mit bloßem Auge und in der Stadt irgendwas wahrnehmbar ist.

Mit Kamera und Stativ in der Hand habe ich mich dann in dem einen Glasdom, der kein Instrument beherbergt, im stockdunkeln auf die wacklige Leiter gewagt und die Kamera in Position gebracht. Das Ergebnis seht ihr hier. Trotz großer Entfernung und Abschattung durch die Berge, stört die Stadt nach wie vor die Messungen.

Aurora über dem KHO

Trotz dicker Wolken haben wir dann letztendlich doch noch etwas Aurora zu sehen bekommen. Auf dem Heimweg dann sogar mit bloßem Auge sichtbar:

Auf dem Heimweg

Was wir genau messen wollten? Ach ja: Zwischen Aurora und Wolken kaum sichtbar ging es um das Phänomen „Airglow“ Floureszenz angereregter Atome in etwa 80km Höhe. Aus deren Leuchtintensität kann man z.B. die Temperatur in der Höhe ableiten. Dieses Phänomen tritt übrigens stetig und überall auf der Erde auf. Ohne Wolken und mit sehr geringer Lichtverschmutzung kann man es mit sehr viel Glück sogar mit bloßem Auge wahrnehmen.

Polarlichter und Wolken

Erst mal ein kleiner Eindruck von vorgestern:

Aurora hinter dünnen Stratuswolken

Ich war ganz alleine am Photographieren, da man mit bloßem Auge kaum etwas gesehen hat, wenn man nicht wusste, dass da was ist. Diese Aufnahme entstand dann mit ISO 1600, F4 und 60s Belichtungszeit.

 

Gestern war es dann um so heller, und ich habe mich für euch ein Stündchen in die Kälte gestellt:

Ich kann euch leider noch keine perfekte EMpfehlung geben, wie man Polarlichter am besten ablichtet. Meine Taktik besteht bislang stets in einigen Probeschüssen mit höchster ISO und offener Blende, um danach die Zeit runterzurechnen auf „Arbeitsmaße“. Was ich aber gelernt habe, ist, der Nachbearbeitung mehr zuzutrauen. Die Bilder sahen auf dem Kamerabildschirm lange nicht so gut aus, wie hier. Lieber n ticken unterbelichten statt zu starkes Rauschen zu riskieren. Das geht am Rechner alles wieder raus zu holen.

 

 

Zum Abschluss möchte ich euch noch eine Timelapse zeigen, die mein Kommilitone Frank aufgenommen hat, stattet seiner Flickr-Steite am besten gleich mal nen Besuch ab!

Public performance of Aurora Borealis in Nybyens backyard

 

Ny Alesund

Letzte Woche waren wir von der Uni aus zu Gast in der Forscher-Siedlung Ny Alesund, noch mal 100km nördlich von Longyearbyen. Für Touristen nur auf dem Seewege zu erreichen, nehmen wir das gleiche Verkehrsmittel, wie alle, die dort arbeiten oder forschen:

Kommt ihr mit?

Der Pilot ist zugleich Eigentümer der Brauerei von Longyearbyen. Seine Sicherheitskontrolle beschränkte sich darauf, dass er sich vor der Hangar-Tür aufbaute, die Hände in die Seiten stemmte und fragte, ob wir Munition oder brennbare Stoffe im Gepäck hätten. Wäre nicht schlimm, er wüsste es nur gern im Voraus.

Dann wurden die Handys für die nächsten Tage abgeschaltet, und wir machten uns auf den Weg. Um die Forschungsarbeiten nicht zu stören, ist Ny Alesund eine „radiofreie Zone“: Im Frequenzbereich zwischen 1 und 30 Ghz wird in der ganzen Siedlung und Umgebung kein Signal gesendet.  Das heißt: Kein Handynetz, kein WLAN, kein Bluetooth, selbst ne drahtlose Maus ist verboten. Kommunikationsmittel sind klassische Kabeltelephone und UKW-Handfunkgeräte, die ja im Mhz-Bereich senden.

Anflug auf Ny Alesund rechts die Kantine und die Norwegische Forschungsstation, rechts neben dem Radiomast die Amundsenvilla und in der Mitte das blaue Gebäude der deutsch/französischen Station AWIPEV.

historische Holzhäuser

Die Geschichte Ny Alesunds beginnt vor hundert Jahren als Kohlemine. Nach einer ersten Kohle-Periode, war hier vor dem zweiten Weltkrieg ein Urlaubsort für die, die es sich leisten konnten. Anders als in Longyearbyen, wo fast die ganze Stadt zerstört wurde, hat bis auf zwei Gebäude, die von deutschen Soldaten abgebrannt wurden, Ny Alesund diie Kriegszeit unbeschadet überlebt. Bis in die 60er Jahre wurde hier nun wieder Kohle abgebaut.

 

Schon sehr früh war Ny Alesund aber auch Forschungsstützpunkt: Amundsen und andere nutzten den Ort als Ausgangspunkt für Expeditionen. Der alte Zeppelinmast erzählt noch davon.

Das ehemalige Krankenhaus

So gut wie alle Gebäude in Ny Alesund fallen unter das Denkmalschutzrecht, das auf Svalbard allgemein alles unter Schutz stellt, was vor 1946 gebaut wurde.

Die ganze Stadt gehört der Firma Kingsbay, die ursprünglich eine Minengesellschaft war, seit den 1960ern aber die Logistik und Technik für die Forschung am Ort zur Verfügung stellt. Die alten Gebäude werden als Büro- und Wohngebäude an die Forschungseinrichtungen vermietet und teilweise auch zu Observatorien umgebaut.

Auch der Flughafen und die Kantine, in der alle Bewohner der Siedlung gemeinsam essen (und Mittagsschlaf halten), wird von Kingsbay betrieben.

Messtechnik in Extrembedingungen

Viele Länder haben inzwischen hier Forschungsstationen eingerichtet: Eine Norwegische Station und eine deutsch / französische Station sind permanent besetzt, in diesem Winter soll auch die Italienische Station über den Winter besetzt bleiben.  Finnische, Chinesische, Indische und weitere Stationen und Forschergruppen sind über das Jahr hier zu finden.

Chinesische Forschungsstation

Aber, warum findet man die alle hier oben? Was interessieren sich deutsche oder chinesische Wissenschaftler für die Arktis?

Klar, spannende Themen wie Polarlichter und Eisbären interessieren Forscher der Fachgebiete unabhängig von ihrer Herkunft. Was aber viel wichtiger ist: Das Klimasystem der Erde beispielsweise kann nicht von einem Punkt zuhause aus betrachtet werden. Jede Information, die wir aus den POlargebieten bekommen, macht auch die Klimaprognosen für unsere Regionen besser.

Nordlicht über der Amundsen-Villa

Im Groben und Allgemeinen: Unser lokales europäisches Wetter ist primär von Tiefdruckgebieten, die auf dem Atlantik entstehen, bestimmt. Darüber liegt der „Jetstream“, der in großer Höhe als starkes Westwindband die polaren Luftmassen und die warme Luft der gemäßigten Breiten trennt. Diese Strömung ist die Grundlage unseres Wetters, da sie die Tiefdruckgebiete bewegt.  Dieser Westwind resultiert aus der Temperaturdifferenz zwischen kalter Arktis und warmen Subtropen. Wenn nun das Meereis schmilzt, wird die Arktis damit wärmer. Auch bei einer globalen Erwärmung von nur 1.5 Gard können das schon 4-5 Grad in der Arktis sein.

Welche Folgen die daraus resultierenden Abschwächungen des Jetstreams haben werden, ist schwer abzusehen, da die Variabität unseres Wetters sehr groß ist, und sich damit schwer ein Trend ableiten lässt. Eine mögliche Folge schwächerer Westströmung wäre kontinentaleres Klima in Osteuropa, was mit kälteren Temperaturen einherginge. Aber auch stabileres Winterwetter, da weniger Tiefdruckgebiete entstehen würden, und diese sich langsamer bewegen.

Der Zeppelinmast, Ausgangspunkt verschiedener Polarexpeditionen.

„KARL“ Das Lidar in der deutschen Forschungsstation…

Das genauere Verständnis der Mechanismen in der Arktis macht also auch ein präziseres Modellieren des Klimas in Deutschland möglich, und ermöglicht so einen präziseren Blick in die Zukunft. Daher gibt es auch in Deutschland verschiedenste Projekte, die die Infrastruktur hier nutzen, um Forschung zu betreiben. Beispielsweise AC³, ein Bündnis mehrerer Unis und Forschungseinrichtungen, dass sich mit dem Phänomen der „Arctic Amplification“ also der arktischen Verstärkung klimatischer Änderungen befasst. Teil davon war eine aufwendige Kampange mit Bodengebundenen Geräten, wie diesem LIDAR, Flugzeugen und der Polarstern, in der die Eigenschaften polarer Wolken genauer erforscht werden sollten, insbesondere die Zusammensetzung und die enthaltenen Aerosole.

 

…schießt einen gewaltigen Laserstrahl in den Nachthimmel.

 

Ein gewaltiges Projekt hat das deutsche AWI für das nächste Jahr angestoßen: „Mosaic“ Der Forschungseisbrecher Polarstern soll ein Jahr lang mit dem Meereis quer durch die Arktis driften. Interdiszplinell und international besetzt werden auf dieser Reise Daten und Messungen in gewaltigem Umfang erhoben.

Wenn ihr Ny Alesund besuchen wollt, empfehle ich eine Schiffsreise: Flugverbindungen gibt es nur für Forscher, Angestellte und deren Angehörige. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es auch keine. Aber einen kleinen Hafen und einen Laden, der zwei Stunden in der Woche Alkohol und Schokolade und das nötigste für den Einwohner sowie Souvenirs für Touristen verkauft.

Einziger Zugang für Touristen: Der Seeweg.

Aurora borealis

Erste Polarlichter habe ich aufgenommen, die ich euch natürlich nicht länger vorenthalten will. Es ist hier fast schon zu weit nördlich für Polarlichter, die gleiche Situation war – laut den Kommilitonen – bei deren Freunden in Tromsø wohl wesentlich eindrucksvoller.

Wie kommen Polarlichter zustande? Und warum gibts die nur in den hohen Breitengraden – übrigens genau so auch im Süden als Aurora australis – zu sehen?

Der Urheber der Polarlichter ist die Sonne. Bei Sonnenstürmen werden gewaltige Mengen an Plasma-Teilchen – Protonen und Elektronen – mit Geschwindigkeiten von mehreren hundert Metern pro Sekunde ins Weltall geschleudert. Wenn diese Stürme sich der Erde nähern, schützt uns unser Magnetfeld. Die gebogenen Feldlinien lenken die Partikel in den polaren Bereich ab, wo sie dann tiefer in die Atmosphäre eindringen, und in Höhen von etwa 100km dann auf Sauerstoff- und Stickstoff-Atome treffen. Bei der Kollision werden die Moleküle der Atmosphäre dann angeregt und emittieren Licht.

 

Das „Aurora-Oval“, in dem die Polarlichter entstehen, befindet sich ungefähr zwischen dem Polarkreis und dem 75. Breitengrad. Bei besonders intensiven Sonnenstürmen wandert die Aurora auch noch weiter nach Süden. Das man auf den etwas nördlicheren Inseln Svalbards Aurora-Forschung betreibt hat aber einen sinnvollen Grund:Besonders zwei Stellen des „Aurora Ovals“  sind interessant: Die „Mittagsseite“ wo die Sonnenstürme initial auftreffen, und die Mitternachtsseite, an der die sog. „Substorms“ aus der Rückkehr des Magnetfeldes in den Ausgangszustand auftreten. An beiden Punkten werden Polarlichter auftreten. Dummerweise sind die bei Tageslicht nicht so gut zu sehen – was insbesonders für die Mittagsseite oder „Dayside-Aurora“ gilt. Svalbard ist daher reizvoll, da die Polarnacht hier einige Monate dauert, in denen die „Dayside Aurora“ folglich beobachtet und erforscht werden kann.

Rote Aurora – mit bloßem Auge häufig – und so auch hier – gar nicht sichtbar.

Die Farben der Aurora hängen übrigens damit zusammen, auf welche Moleküle und in welcher Höhe die geladenen Partikel der Sonnenstürme auftreffen.

Zuletzt noch eine kleine Anmerkung: Die Aufnahmen entstanden mit Empfindlichkeiten zwischen 1600 und 6400 bei Zeiten von bis zu 30sec Blende lag zwischen 2 und 4. Die Berge sind nur durch die – nicht wirklich große – Lichtverschmutzung in Longyearbyen erhellt.