Zerbrechliche Schöpfung

Glasarche vor der Thomaskirche

Das Kunstprojekt „Glasarche 3“ machte für einen Monat in Leipzig Station. Zwischen Thomaskirche und Einkaufsstraßen hat die Arche an einem perfekten Ort fest gemacht: Im Kern einer Stadt, die als Messestadt schon lange für Konsum und Wirtschaftswachstum steht, in der sich aber auch – gerade um die Innenstadtkirchen – im Vorfeld der friedlichen Revolution Umweltgruppen bildeten.

Wer kennt sie noch die Geschichte der Arche? Die Geschichte von Noah, der Menschheit und Tier vor der großen Flut rettete. Die Flut war eine Strafe für das Handeln der ganzen Menschheit.

Die Arche greift aber auch ein Bild aus der Schöpfungsgeschichte wieder auf: Das, des Menschen – in diesem Falle Noah – der die Verantwortung für Flora und Fauna übernehmen.

Und jetzt? Ich glaube fast, wir brauchen eine neue Arche, die die Tier- und Pflanzenwelt vor dem rettet, was wir Menschen heraufbeschworen haben.

Da steht sie: zerbrechlich und aus Glas, gehalten von einer gewaltigen Hand. Wem gehört diese Hand? Hält sie die Arche auf Kurs oder droht sie, die Arche zu zerbrechen? Der Weg von einem vorsichtigen Schubs in die richtige Richtung zu einem neckischen Schnipsen, das das zerbrechliche Schiffchen auf den Rücken wirft, scheint nicht weit zu sein.

Wir legen Hand an die Schöpfung, seit wir Menschen auf dieser Erde leben. „Machet euch die Erde untertan“ Diesen Satz aus dem Schöpfungsbericht scheint ein großer Teil der Menschheit sehr einseitig zu verstehen: Wir sehen die Erde als Vorrat, der uns ernährt und versorgt. ABER: Ein „Herrscher“ hat gegenüber seinen Untertanen auch eine Verantwortung, sie zu schützen und mit seinem Besitz Unheil von ihnen abzuwenden.

Wie nehmen wir diese Verantwortung wahr? Der IPCC warnt immer dringlicher vor den Folgen des Klimawandels, wenn wir nicht sofort handeln. Die Biologen dokumentieren ein Artensterben unglaublichen Ausmaßes. Und wir? Für welchen Weg entscheiden wir uns?

Ist längst der Mammon, der Konsum, die Legende vom unendlichen Wachstum der einzige Herr, dem wir noch dienen?

Ein Katzensprung und doch zwei ganz unterschiedliche Richtungen: Zwischen zerbrechen und Fahrt in sichere Gewässer entscheidet nur ein entschiedenes Herumreißen des Ruders, jetzt sofort.

Menschliche Spuren

Wie lang liegt der wohl hier?

Der heutige Beitrag hat einen etwas anderen Inhalt. Beim Spazierengehen fällt hier viel Müll und Ruinen auf.  Das sind zum einen alte Sachen, da alle Bauten, die älter sind als 1946, rechtlich geschützt sind, was besonders Kohleminen, deren Infrastruktur und alte Jagdhütten betrifft, zum anderen findet sich aber auch viel frischer Müll in den Geröllflächen. Kaffeebecher Turnschuhe, Kanister, Schrott usw.  Selbst so entlegene Regionen sind bereits vermüllt.

Mineneingang oder Hütte – oder irgendwas dazwischen.

Den Gedanken noch etwas weiter gesponnen: Asphaltstraßen und Gebäude wirken vor dieser Landschaft einfach deplaziert. Bis in den letzten Winkel reißt der Mensch sich unter den Nagel, was die Natur über Jahrmillionen geschaffen hat.

Na gut, seien wir ehrlich: was ist in Longyearbyen heutzutage los: Die Haupteinnahmequelle ist inzwischen der Tourismus, der Kohlebergbau dient nur noch der Energieversorgung auf der Insel selbst. Und dann sind da noch Forscher und Studenten.

Ich genieße diese Landschaft. Es ist ein gewaltiges Privileg, hier leben und an einer so forschungsnahen Uni lernen zu können.  Wenn ich dann sehe, wie alle paar Tage ein Kreuzfahrer bis zu 5000 Touristen ausspuckt, die durch den Ort trampeln, mit Bussen (!) die 3km zum Parkplatz vor unserem Wohnheim hochgefahren werden, um dann eine kurze Wanderung zum Gletscher zu machen, frage ich mich, ob denen eigentlich bewusst ist, was sie da tun: Hunderte bis tausende Kilometer sind sie gereist, um einen halben Tag an diesem Ort zu verbringen. Wenig Zeit, um den Besonderheiten in Landschaft und Historie nachzuspüren, aber viel Zeit, um Kaffeebecher zu hinterlassen, Zigarettenkippen und Getränkedosen, die kurz zuvor zollfrei eingekauft wurden.

Dies ist der beste Weg, um die magische Welt unter der Mitternachtssonne zu zerstören.

Klar, mein eigener Flug hierher war auch nicht gut fürs Klima, aber ich bin hergeflogen in dem Wissen, Zeit zu haben, diese Landschaft zu erleben, den Wechsel von Tageszeiten, Wetter und Jahreszeiten….

Stillleben mit Kohle

Diese Bilder zeigen alle Spuren menschlichen Handelns in der Landschaft. Relikte des Kohlebergbaus, der zu unserer Energiegewinnung dient, achtlos Weggeworfenes oder Liegengelassenes.  Gerade das weggeworfene frustriert mich immer wieder. Meist komme ich mit einem Beutel voll Müll von Spaziergängen zurück, aber das ist weniger Müll, als in der gleichen Zeit dazukommt.